Wälder und Hecken
- Im Frühling findet sich in feuchten Eichen-Hainbuchenwälder oft ein bunter Blütenteppich. Typische Frühblüher, wie der abgebildete Hohle Lerchensporn, Buschwindröschen und Scharbockskraut bedecken dann den Waldboden. (Foto: Dirk Esplör)
Wenig Platz für Wälder
Ohne den Einfluss des Menschen, im Besonderen die seit vielen Jahrhunderten praktizierte Landwirtschaft, würden große Teil der Weseraue von verschiedenen Wäldern und Gebüschen eingenommen werden.
Unter den heutigen standörtlichen Gegebenheiten würde sich bei Beendigung des menschlichen Wirkens eine Abfolge charakteristischer Wälder und Gebüsche einstellen. Direkt an den Weserufern, wo der Hochwassereinfluss am größten ist, wachsen natürlicherweise Gebüsche aus Mandel- und Korbweiden. Daran würden sich Silberweiden-Auenwälder anschließen und die sogenannte Weichholzaue bilden. In höher gelegenen aber noch regelmäßig überfluteten Bereichen entstünden schließlich Stieleichen-Eschen-Auenwälder, die sogenannte Hartholzaue. Außerhalb des Überflutungsbereiches, im Bereich der Geest und der Flussterrassen, würden sich schließlich verschiedene Rotbuchen-Mischwälder anschließen. An dauerhaft nassen Stellen, z.B. in verlandeten Altarmen, Randsenken und Quellbereichen könnten sich auch verschiedene Schwarzerlenwälder, z.B. Erlen-Bruchwälder entwickeln.
Der Bruchwald bei Heimsen
Zumindest an einer Stelle des Vogelschutzgebietes, einer Senke zwischen den Orten Wasserstraße und Heimsen, ist ein solcher Erlen-Bruchwald erhalten geblieben.
Bruchwälder zeichnen sich gegenüber anderen Wäldern dadurch aus, dass der Grundwasserspiegel ganzjährig dicht an der Geländeoberfläche liegt. Vor allem im Frühjahr kommt es auch zu flachen Überstauungen oder zur Entstehung kleinerer, offener Wasserflächen. Durch die ständige Bodenvernässung können Pflanzenreste wie Blätter, Stängel und Holz nur unvollständig von Mikroorganismen zersetzt ("mineralisiert") werden. Diese nur unvollständig zersetzten Pflanzenteile sammeln sich über lange Zeiträume an und es entsteht Torf, ein organisches Bodenmaterial das eine Mächtigkeit von einigen Dezimetern bis zu mehreren Metern erreichen kann.
Bruchwälder bieten vielfältige Lebensräume für die Tierwelt. Der hohe Anteil von Weichhölzern wie Schwarzerle, Weiden- und Birkenarten führt dazu, dass bereits in jüngeren Waldbeständen ein hoher Anteil von Totholz, Höhlenbäumen u.ä. vorhanden ist. Hiervon profitieren zahlreiche baum –und holzbewohnende Insektenarten (z.B. der Erlen-Blattkäfer und der Weidenbohrer, ein Nachtschmetterling). Diese dienen wiederum als Nahrungsquelle für höhlenbrütende Vögel wie den Buntspecht, die Hohltaube oder verschiedene Meisenarten.
Eichen-Hainbuchenwälder am Geestrand
Kleinere Waldbestände findet man auch heute noch an Stellen, an denen die Geest mit steilen Böschungen direkt an die Weseraue heranreicht, z.B. bei Gernheim und bei Wasserstraße. Meist handelt es sich dabei um Eichen-Hainbuchenwälder, die als typische "Bauernwälder" durch eine spezifische Nutzung, den "Mittelwaldbetrieb", geprägt wurden.
Charakteristisch für solche Wälder ist das Vorhandensein von zwei Baumschichten. Im "Oberholz" dominiert die Stieleiche (in anderen Gegenden auch die Traubeneiche), daneben kommen auch Rotbuche, Vogelkirsche, Esche, Berg- und Spitzahorn vor. Im "Unterholz" sind vor allem die Hainbuche, daneben auch Feldahorn und Sträucher wie der Hasel vertreten.
Das "Unterholz" aus Stockausschlägen und Sträuchern wurde bei der "Mittelwaldwirtschaft" regelmäßig zur Brennholzgewinnung "auf den Stock gesetzt". Das lockere "Oberholz" aus Kernwüchsen (Bäume die aus Samen entstanden sind) ließ man zu stärkeren Bäumen heranwachsen, um hieraus z.B. Bauholz zu gewinnen.
Die Eiche braucht in der Jugend viel Licht und gönnt es im Alter ihrem Unterwuchs. So finden sich in ihrem Unterwuchs viele Lichtbaumarten wie z.B. Sandbirke und Esche. Bei ausreichender Nährstoff- und Feuchtigkeitsversorgung entwickelt sich in Eichen-Hainbuchenwäldern zudem eine üppige Bodenvegetation.
Info zu Nieder-, Mittel- und Hochwäldern
Von Nieder-, Mittel- und Hochwäldern
Je nach Art ihrer Bewirtschaftung werden Niederwald, Mittelwald und Hochwald unterschieden. Die Niederwaldwirtschaft war die früheste planmäßige Waldbewirtschaftungsform. Dabei nutzte man die Ausschlagsfähigkeit bestimmter Gehölze (z.B. Hainbuche, Eiche, Esche, Ahorn, Erle, Weiden), die nach der "Holzernte" aus den im Boden verbliebenen Stümpfen oder Stöcken neue Triebe ("Stockausschläge") bilden. Die so bewirtschafteten Wälder wurden alle 15-25 Jahre abgeschlagen, das anfallende Holz vor allem als Brennholz oder für den Zaunbau verwendet.
Der Mittelwald vereint Elemente des Niederwaldes mit Elementen des Hochwaldes. Er besteht aus einem "Unterholz" aus Stockausschlägen und Sträuchern, die regelmäßig auf den Stock gesetzt werden und einem lockeren "Oberholz" aus Kernwüchsen (Bäume die aus Samen entstanden sind), die zu stärkeren Bäumen heranwachsen und das "Unterholz" überragen. Die Umtriebszeit beträgt beim "Unterholz" der Mittelwälder 20-30 Jahre. Hierdurch wird besonders die Hainbuche gefördert. Deutlich kürzere Umtriebszeiten (10-12 Jahre) fördern hingegen Sträucher wie den Hasel.
Der Hochwald ist ein Produkt der modernen Forstwirtschaft. Dieser besteht nur noch aus Kernwüchsen und die Bäume werden überwiegend in höherem Alter genutzt (z.B. Rotbuche nach ca. 120-140 Jahren, Eiche nach ca. 200 Jahren). Hochwälder sind ergiebiger und liefern hochwertigeres Holz.

Auch für die Tierwelt sind Stiel- und Traubeneiche ausgesprochene Schlüsselarten. Eichen können ein sehr hohes Alter erreichen (300-900 Jahre!) und bieten vor allem in der Altersphase zahlreichen Tieren Nahrung und Lebensraum. So sind etwa 300 pflanzenfressende Insektenarten auf die Eiche angewiesen, etwa dreimal so viele wie auf die Rotbuche (ca. 100 Arten). Rund 100 Käferarten sind eng an Eichen gebunden. Von der artenreichen Insektenfauna profitieren Säugetiere wie verschiedene Fledermausarten, Siebenschläfer oder Spitzmäuse. Auch die Vogelgemeinschaften in Eichenwäldern sind viel artenreicher als in den meisten anderen Waldtypen. Darunter befinden sich besonders viele Insektenfresser und Höhlenbrüter (verschiedene Spechte, Kleiber, Meisen, Eulen und Käuze).
- Silberweidenwald: Als typische Pioniergehölze können viele Weidenarten neu entstandene Standorte rasch besiedeln. Dank ihrer leichten, schwimmfähigen und sehr zahlreichen Samen können sie auf feuchten Böden rasch keimen. (Foto: Dirk Esplör)
Neue Wälder entstehen
Durch den Kiesabbau sind in der Weseraue vielfältige Uferstandorte entstanden. An diesen konnten sich, dank ihrer Schnellwüchsigkeit, in wenigen Jahren urwüchsige Weidengebüsche und Silberweiden-Auenwälder entwickeln, wie sie früher in der Urlandschaft die Ufer der Weser und ihrer Altarme gesäumt haben. Heute werden solche Wälder an der "Bundeswasserstraße Weser" meist nicht mehr geduldet. Die typischen Pflanzen und Tiere dieser Wälder sind daher auf die Ersatzstandorte in Kiesabbaugebieten angewiesen.
Typische Bewohner von Weiden-Auenwäldern sind z.B. die Weidenmeise, der Pirol, die Nachtigall, Grasfrosch und Erdkröte oder verschiedene Laufkäferarten. Speziell an Weiden lebt eine artenreiche Insektenwelt.
Hecken und Kleingehölze
Als letzte Relikte der ursprünglichen Wälder können an verschiedenen Stellen der Weseraue artenreiche Feldhecken, Baumreihen oder Kopfweidenbestände angetroffen werden. Neben noch vorhandenen Altbeständen sind in der Vergangenheit auch an verschiedenen Stellen Feldhecken und Kopfweidenreihen neu angelegt worden.
Besonders die Feldhecken mit ihren zahlreichen Gehölzarten wie Schlehe, Weißdorn, Hundsrose, Hartriegel, Pfaffenhütchen, Kreuzdorn, Feldahorn, Hainbuche, Vogelkirsche, Esche und Stieleiche bieten wichtige Refugien für gehölzrandbewohnende Tiere wie z.B. zahlreiche Käfer- und Schmetterlingsarten, kleine Säugetiere wie Mäuse, Hermelin und Siebenschläfer oder typische "Heckenvögel" wie Dorngrasmücke, Neuntöter oder Goldammer.
Im Unterwuchs der Feldhecken kann man mitunter noch typische Auenwaldpflanzen wie den Lerchensporn, das Scharbockskraut oder die Große Sternmiere entdecken.
- Heckenlandschaft bei Schlüsselburg. (Foto: Dirk Esplör)