Wiesenlandschaften - die Weserwiesen werden wieder bunt

Heuernte (Foto: Dirk Esplör)
Heuernte (Foto: Dirk Esplör)
Die bedrohte Große Goldschrecke ist in den Wiesensäumen der Weseraue mittlerweile wieder häufiger zu finden. (Foto: Dirk Esplör)
Die bedrohte Große Goldschrecke ist in den Wiesensäumen der Weseraue mittlerweile wieder häufiger zu finden. (Foto: Dirk Esplör)

Die Wiese – früher und heute

Bereits in der Steinzeit begannen Menschen, ihr Vieh zum Fressen in die ausgedehnten Auenwälder zu treiben. Durch den Verbiss kam es zur Auflichtung der ursprünglich landschaftsprägenden Wälder und zur Entstehung von Weiderasen und Heiden ("Heide" von Hutung/Hude/Vieh hüten). Erst viel später ist die Wiesenwirtschaft durch das Mähen vergraster Flächen zur Heugewinnung entstanden.

Durch den regelmäßigen Entzug von Nährstoffen magerten die Wiesen rasch aus. Dadurch gingen zwar die Erträge zurück aber der Artenreichtum nahm zu.

Mitte des 20. Jahrhunderts waren artenreiche Heuwiesen fast verschwunden. Dies ist vor allem auf die Intensivierung der Bewirtschaftung zurückzuführen. Starke Düngung und zu häufige Mahd haben die Wiesenflora verarmen lassen. In der Folge verschwinden mit jeder Pflanzenart ca. 10 Tierarten.

Der Wiesen-Storchschnabel lockt zahlreiche Insekten an. (Foto: Dirk Esplör)

Pflanzenvielfalt und artenreiche Tierwelt durch extensive Grünlandnutzung

Durch den großflächigen Ankauf von Wiesenflächen oder den Abschluss von Bewirtschaftungsverträgen, ist es gelungen ufernahes Grünland an der Weser zu erhalten, neu zu schaffen und zu extensivieren. Aus ehemaligem Intensiv-Grünland und Ackerflächen sind wieder artenreiche, extensiv genutzte Wiesenlandschaften entstanden. Hierbei arbeitet der Naturschutz eng mit der Landwirtschaft zusammen.

Viele Tiere sind sehr schnell in der Lage, neu entstandene Lebensräume zu besiedeln. Pflanzen brauchen dafür oft längere Zeiträume. So hat es in der Weseraue teilweise bis zu 20 Jahren gedauert, bis sich aus Ackerflächen und ehemaligem Intensiv-Grünland wieder arten- und blütenreiche Wiesen und Weiden entwickelt haben.

Info zu extensiv und intensiv

Extensive Nutzung von Wiesen und Weiden bedeutet, dass keine oder nur eine eingeschränkte Düngung stattfindet. Auf den Einsatz von Pestiziden zur Bekämpfung von unerwünschten Tieren und Pflanzen wird verzichtet. Die Mahd darf lediglich ein- bis zweimal pro Jahr erfolgen oder es darf nur eine niedrige Zahl von Weidetieren pro Flächeneinheit aufgetrieben werden.

Die intensive Grünlandnutzung ist durch eine drei- und mehrmalige Mahd, den Auftrieb zahlreicher Weidetiere, starke Düngung und eventuell auch Pestizideinsatz gekennzeichnet.

Bunte Glatthaferwiesen sind in der Weseraue an vielen Stellen neu entstanden. (Foto: Dirk Esplör)
Bunte Glatthaferwiesen sind in der Weseraue an vielen Stellen neu entstanden. (Foto: Dirk Esplör)
Der Große Wiesenknopf, eine typische Art der Auenwiesen. (Foto: Dirk Esplör)
Der Große Wiesenknopf, eine typische Art der Auenwiesen. (Foto: Dirk Esplör)

Prägender Wiesentyp: Glatthaferwiese

Als prägender Wiesentyp in der Weseraue ist die Glatthaferwiese anzusehen. Dieser auch als "Fettwiese" bezeichnete Grünlandtyp wächst natürlicherweise vor allem auf nährstoffreichen Lehmböden der Flussauen. In enger Abhängigkeit von der Wasser-, Nährstoff- und Kalkversorgung zeichnen sich die Glatthaferwiesen jeweils durch eine spezielle Pflanzenartenkombination aus:

Zum Grundstock zählen in der Petershäger Weseraue Glatthafer, Wiesen-Fuchsschwanz, Knäuelgras, Honiggras, Sauerampfer, Löwenzahn, Wiesen-Labkraut, Wiesen-Kerbel, Wiesen-Bärenklau, Wiesen-Bocksbart, Zaun-Wicke und Wiesen-Pippau. In etwas feuchteren, häufiger überfluteten Bereichen kommen typische Stromtalpflanzen wie Wiesen-Storchschnabel, Großer Wiesenknopf und Beinwell vor. An höher gelegenen, wechseltrockenen, z.T. auch mageren Stellen finden sich bevorzugt Wiesen-Margerite, Knolliger Hahnenfuß oder Feld-Hainsimse. Mit rund 30-40 Pflanzenarten auf ca. 25 m² sind diese Wiesen deutlich artenreicher als das Intensivgrünland mit maximal 10-20 Pflanzenarten auf 25 m². Durch ihren Blütenreichtum gehören artenreiche Wiesen auch optisch zu den schönsten Lebensräumen in Europa.

Die Feldlerche erreicht auf einigen Wiesen in der Weseraue mittlerweile eine landesweite Hochburg. (Foto: Hans Glader)
Vielerorts ist die Feldlerche selten geworden. Hier in der Weseraue finden wir sie noch in größeren Stückzahlen. (Foto: Hans Glader)
Besonders eng an spät gemähte, ein- bis zweischürige Wiesen mit Saumstreifen ist das Braunkehlchen gebunden. Hier jagt es von Ansitzwarten wie hohen Stauden, Zaunpfählen oder einzelnen Sträuchern in den Wiesen nach Insekten wie Heuschrecken, Käfern und Wiesenschnaken. (Foto: Christof Martin)
Besonders eng an spät gemähte, ein- bis zweischürige Wiesen mit Saumstreifen ist das Braunkehlchen gebunden. Hier jagt es von Ansitzwarten wie hohen Stauden, Zaunpfählen oder einzelnen Sträuchern in den Wiesen nach Insekten wie Heuschrecken, Käfern und Wiesenschnaken. (Foto: Christof Martin)
Brütende Weißstörche (Foto: Falk Herrmann)
Brütende Weißstörche (Foto: Falk Herrmann)

Tierwelt in artenreichen Glatthaferwiesen

Artenreiche Glatthaferwiesen weisen auch eine besonders vielfältige Tierwelt auf. Sehr zahlreich sind verschiedene Insektengruppen vertreten. In der strukturreichen Pflanzenschicht tummeln sich Heuschrecken, Schmetterlinge, Fliegen, Mücken und Zikaden. Auf der Bodenoberfläche leben unter anderem zahlreiche Käfer-, Spinnen- und Milbenarten.

Hiervon profitieren wiederum kleine Säugetiere wie Mäuse, Wiesel und der Maulwurf, Frösche und Kröten sowie zahlreiche Vogelarten. Als typische Wiesenvögel gelten in der Petershäger Weseraue vor allem Feldlerche, Wiesenpieper, Braunkehlchen Schafstelze und Kiebitz. Zunehmend sind auch Schwarzkehlchen und Wachtelkönig anzutreffen.

Auch für die hier brütenden Weißstörche stellen die artenreichen Wiesen eine wichtige Nahrungsgrundlage dar. Auf Grund der Lückigkeit extensiver Wiesen ist die reichlich vorhandene Nahrung für den optisch orientierten Storch gut erreichbar. Äcker sind nur während des Pflügens interessant, wenn Bodentiere nach oben befördert werden oder wenn bei der Ernte Kleinsäuger und Insekten zu ergreifen sind.

Wichtig für die Kleintierwelt in Wiesenlandschaften sind Rückzugsbereiche, die ihnen direkt nach der Mahd Unterschlupf bieten, bis die Wiese wieder nachgewachsen ist. Hierzu dienen Saumstreifen und Wegraine, Waldränder und Feldhecken.